Wenn man einen Hund aus dem Tierschutz aufnimmt…

 

… sollte man sich einige Dinge vorher bewusst machen.

 

Erst einmal ist es schön, dass Sie sich mit dem Gedanken befassen, einem Tierschutz-/Auslandshund ein Zuhause zu geben. Damit aber Ihr gemeinsamer Weg mit Ihrer Fellnase harmonisch verläuft, möchten wir Ihnen einige Tipps zu bedenken geben. Jeder dieser Hunde hat seine ganz individuelle und persönliche Leidensgeschichte hinter sich, was sich auf vielfältige Art und Weise auf sein Verhalten auswirken kann: Ängstlichkeit, Futterneid sowie auch anfängliche gesundheitliche Probleme sind einige Beispiele hierfür.

Auslandshunde kennen i. d, R. nur das Leben mit zig anderen Hunden in Zwingern. Manchmal ist es daher schwierig zu beurteilen, ob er sich mit anderen im Haushalt befindlichen Tieren (z. B. Hamster, Meerschweinchen, Kaninchen, Katzen, etc.) verstehen wird. Auch die Frage nach der Stubenreinheit kann natürlich nicht beantwortet werden, da in den meisten Fällen die Hunde keine Möglichkeit bekommen, draußen Gassi zu gehen und ihr Geschäft im Zwinger erledigen müssen. Wir verstehen vollkommen, dass Sie diese Fragen gerne im Vorfeld beantwortet hätten, aber leider ist es nicht immer möglich, eine befriedigende Antwort hierauf zu geben. Da die Tiere meistens von der Straße oder aus diversen Tötungsstationen gerettet werden, ist uns über die Vergangenheit der Hunde und was sie eventuell erlebt haben, nicht viel bis gar nichts bekannt. Auch das Alter der Hunde ist nur eine grobe Schätzung. Viele Fragen werden daher unbeantwortet bleiben müssen. Es ist so, als würden Sie einen ausgesetzten Hund im Wald finden, über diesen haben Sie auch keine Informationen zur Herkunft, zum Alter und zum Verhalten. 

Wenn Sie sich entschließen, einen Hund aus dem Ausland zu “adoptieren”, braucht er nach seiner Ankunft vor allem Ruhe, Geduld, Zuwendungen und nicht zu vergessen ZEIT. Klar, möchte man das neue Familienmitglied seinen Freunden und Familien zeigen, aber stellen Sie sich mal vor, Sie kämen als Fremder zu Menschen, die Sie nicht kennen und würden dort dann mit immer neuen Gesichtern konfrontiert. Das würde auch bei Ihnen sicherlich für große Verunsicherung sorgen. Wichtig ist, dass Sie Ihrem neuen Familienmitglied erst einmal die Chance geben, anzukommen, um sich an die neue Situation gewöhnen zu können. Manche Hunde gewöhnen sich ganz schnell an die neuen Umstände, andere brauchen aber auch etwas länger, das kann unter Umständen über mehrere Wochen bis sogar Monate gehen, darauf sollten Sie sich auf jeden Fall vorbereiten.

Es kann durchaus sein, dass der Hund ein Haus oder eine Wohnung noch nie von innen gesehen hat und sich vielleicht auch erst einmal gar nicht hinein traut. Die Hunde durften vielleicht früher nicht ins Haus und wurden eventuell sogar dafür bestraft. Alles ist für die Hunde fremd: die Wärme, die Gerüche und die Geräusche (z. B. Staubsauger). Auch die Sprache kennt er natürlich nicht, alles ist fremd und wirkt vielleicht bedrohlich. Deshalb ist es ratsam sich nach der Ankunft des Hundes Zeit zu nehmen und seinen Urlaub auf diesen Zeitraum zu legen. Rechnen Sie damit, dass der Hund nicht alleine bleiben kann und Sie das mit ihm erst üben müssen. Dies kann einige Zeit in Anspruch nehmen.

Es ist auch verständlich, dass Kinder das neue Familienmitglied knuddeln und umarmen wollen. Umarmung oder gar in den “Schwitzkasten” nehmen ist für den Hund eine bedrohliche Geste und es kann zu unangenehmen Zwischenfällen kommen, weil dadurch seine Individualdistanz unterschritten wird. Anfangs sollte man den Hund nicht bedrängen und ihn erst einmal mit der Außenseite der Hand seitlich am Kopf oder Hals streicheln, nicht mit der Handinnenfläche. Falls Sie einen “Kampfschmuser” erwischt haben, der am liebsten gestreichelt werden möchte, bis kein Fell mehr dran ist, dann werden Sie das schnell merken.

 

Eine Sache ist ganz wichtig: Bereiten Sie sich auf Ihr neues Familienmitglied vor! 

Bitte machen Sie sich bewusst, dass es sich bei der Adoption eines Auslandshundes um ein „Blind Date“ handelt, was bedeutet, dass Aussehen, Größe, Charakter nicht immer so sein muss, wie es beschrieben wurde. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass sich Hunde nach einer Veränderung der Lebensumstände in ihrem Verhalten verändern können, so war der Hund im Zwinger vielleicht ausgeglichen und nun ist er verängstigt nach dem langen Transport oder umgedreht… Im Zwinger war er lieb und freundlich, und nun holt er seine ganze Kindheit und Flegeljahre gleichzeitig nach. Wir bemühen uns, so viele Informationen und Bilder wie möglich zu den Hunden zu bekommen, aber manchmal ist das nicht möglich, da die Tierschützer meist sehr viele Hunde zu versorgen haben. 

Auch wird Ihr neues Familienmitglied nicht nach “Chanel No. 5” riechen, wenn es im neuen Zuhause ankommt. Aber ihn gleich als aller erstes in die Dusche oder Wanne zu stecken, wäre keine gute Idee, denn dadurch kann es unter Umständen passieren, dass der Hund nur schwer Vertrauen zu Ihnen aufbaut. Als Alternative kann man den Hund mit angefeuchteten Tüchern liebevoll etwas massieren und in langsamen Bewegungen von vorne nach hinten abstreichen, das hilft auch schon mal etwas gegen den unangenehmen Geruch. Diese Maßnahme kann auch dazu beitragen, eine positive Beziehung aufzubauen. 

 

Wenn Sie Ihre Fellnase am Übergabepunkt übernehmen, denken Sie bitte unbedingt daran, ein Sicherheitsgeschirr UND ein Halsband + ZWEI separate Leinen mitzunehmen. Das alles geben Sie dem Transporteur, dieser wird dem Hund das Geschirr und Halsband sicher im Transporter bei geschlossenen Türen anlegen, bevor Sie den Hund übernehmen. Den Hund am besten direkt ohne Umschweife in das Fahrzeug setzen und innen fest machen, nicht dass Ihnen der Hund am Wagen entschwindet, während Sie erst mal alles verstauen. Oftmals sind die Tiere von der langen Fahrt gestresst, noch geräuschempfindlich und ängstlich und wollen einfach nur weg. Sie sollten den Hund auch während der Autofahrt innen fest gemacht (am Geschirr, nicht am Halsband!) lassen, dann können Sie ihn entspannt zu Hause aus dem Fahrzeug holen. Am allerbesten wäre natürlich eine Transportbox, in die der Hund IM Transporter umgeladen wird, dann ins Auto gestellt und erst wenn Sie zu Hause die Box in der Wohnung/im Haus haben und ALLE Türen und Fenster geschlossen sind, die Tür der Box öffnen und der Hund VON ALLEINE herauskommt. Das ist die sicherste Methode, damit der Hund sicher im neuen Zuhause ankommt. Natürlich ist es nicht immer möglich sofort eine Transportbox anzuschaffen, da man oft nicht genau sagen kann, welche Größe benötigt wird. Aber dann bitte gut absichern! Und BITTE UNTERWEGS KEINE „PIPI-PAUSE“ EINLEGEN; Sie meinen es sicherlich gut und denken: „Der Hund hat ja schon so lange im Auto und im Käfig gesessen, der muss doch bestimmt mal raus und sein Geschäft machen“. Aber das sind genau die Momente, in denen Ihnen der Hund am leichtesten entwischen kann. Und das wäre das Horror-Szenario, denn der Hund ist neu diesem Land und kennt NIX, auch Sie nicht. Leider kommt es in der letzten Zeit sehr oft vor, dass gerade neu eingetroffene Hunde entweder schon bei der Übergabe oder bei einem gut gemeinten Zwischenstopp entwischen … und nicht selten endet dies tödlich für den Hund … gerettet, um zu sterben …

Zu Hause angekommen, lassen Sie ihren Hund jetzt erst einmal völlig in Ruhe, damit er sein neues Zuhause inspizieren kann. Wenn möglich führen Sie ihn angeleint durch die Wohnung/das Haus, damit er sich alles in Ruhe ansehen kann. 

Ihr Hund wird jetzt erst einmal eine Bindung zu Ihnen aufbauen müssen, leinen Sie ihn daher anfangs draußen nicht ab, AUCH NICHT IM GARTEN! Loben Sie ihn begeistert für jeden Blickkontakt. Als Faustregel rechnet man ungefähr 6 Wochen, bis der Hund seine Menschen und die Umgebung einigermaßen kennt. Zu Beginn empfehlen sich häufigere, nicht ganz so ausgedehnte Spaziergänge.

Eine schöne Sache, um Bindung zu ihrem neuen Familienmitglied aufzubauen, ist auch die Fellpflege. Wenn Sie gerade zu Beginn ‚nur’ eine Noppenbürste benutzen, ist die Fellpflege so stressfrei und der Hund erhält zudem noch eine kleine Massage. Allerdings gibt es auch Hunde, die das nicht gut finden, dann sollten Sie dies auch akzeptieren.

Über den Charakter sowie das Alter Ihres Hundes versuchen wir als Verein, Sie so genau wie möglich zu informieren. Das Alter wird vor Ort grob geschätzt, ganz genau wird man es nie feststellen können. Darüber hinaus ist der Hund oft bisher nur an den Zwinger gewöhnt und viele andere Hunde. Gehen Sie davon aus: Neue Umgebung kann auch neues Verhalten bewirken! So ein Hund kann zu einem kleinen Überraschungspaket werden: Eifersüchtig gegen andere Hunde, weil er jetzt ein sooooo schönes Zuhause hat oder stundenlang den tollen, sich stetig füllenden Futternapf gegen alles und jeden verteidigen. Hier gilt: Ruhe bewahren und das Verhalten nicht bestärken. Treten solche Problem auf stehen wir gerne mit Rat und Tat zur Seite!

Erwarten Sie auch nicht, dass Sie einen perfekt erzogen Hund übergeben bekommen. Erziehung braucht seine Zeit. Hier ist viel Arbeit und Geduld angesagt. Kommandos wie “Platz”, “Sitz”, “Bleib” oder auch “Pfötchen” kennt er nicht, das müssen Sie ihm beibringen. Eine gute Hundeschule wird Ihnen dabei sicherlich behilflich sein und ist auch für die Pflege der Sozialkontakte und Kontakte zu anderen Hunden außerhalb des eigenen Rudels sehr empfehlenswert. 

Bitte haben Sie Geduld mit Ihrem neuen Familienmitglied und tragen Sie ihm nichts nach, er kann nichts dafür, dass er nie erzogen worden ist! Bitte bestrafen Sie Ihren Hund nicht oder rufen hysterisch aus, wenn er ein Häufchen macht oder das Beinchen hebt, es könnte als Angriff angesehen werden und er wird es nicht verstehen. Damit kann man bereits aufgebautes Vertrauen in Sekunden zu Nichte machen. 

Gönnen Sie dem Neuankömmling ein ruhiges, ungestörtes Plätzchen zum Schlafen, gerade wenn noch andere Tiere im Haushalt wohnen. Mancher Hund mag es, in einem abgedunkelten Raum zu schlafen, andere bevorzugen die Nähe der Menschen und wollen gerne im Schlafzimmer mit schlafen dürfen.

Alle Hunde werden geimpft, gechipt, entwurmt und kastriert (je nach Alter und Gesundheitszustand) und von einem Tierarzt untersucht. Vor Ausreise werden die Hunde nochmals von einem Tierarzt gesehen und für reisefähig und gesund erklärt. Dennoch kann es vorkommen, dass sie durch die lange Reise und die ganze Aufregung Krankheiten erst am Ankunftsort entwickeln. An erster Stelle zu nennen ist hier die Durchfall-Erkrankung, die aber normalerweise wieder schnell in den Griff zu bekommen ist. Bitte werden sie nicht bei den ersten Anzeichen nervös und vermuten das Schlimmste – das überträgt sich auf den Hund. Wenden Sie sich bei Fragen bitte an uns.

Trotz aller Untersuchungen lässt sich nie garantieren, dass der Hund nicht eine bisher unentdeckte Erkrankung hat oder krank wird, da manche Erkrankungen eine längere Inkubationszeit haben (z. B. Herzwürmer, Leishmaniose), die bis zu Monaten betragen kann. Dies ist aber natürlich auch nicht der Fall, wenn Sie einen Hund in Deutschland bei einem Züchter kaufen oder aus einem deutschen Tierheim holen. Jeder Hund wird vor Ausreise noch einmal gegen Parasiten behandelt, was normalerweise im Heimtierausweis vermerkt wird (welches Mittel verabreicht wurde). Trotzdem können sich mal ungeliebte Untermieter (Flöhe, Läuse) mit einschleichen. Bitte fragen Sie bei Ihrem Tierarzt nach einem kompatiblen Mittel, um eine Überdosierung zu vermeiden.

Eine erneute Entwurmung ist ca. 14 Tage nach Ankunft bei Ihnen – vor allem wenn Kinder mit im Haushalt wohnen – immer zu empfehlen, obwohl die Hunde alle entwurmt wurden. 

 

Das ist sehr viel Information, das wissen wir, aber wir möchten, dass Sie gut über alles informiert sind und stehen natürlich für alle Fragen gerne zur Verfügung.

 

Wir wünschen Ihnen, dass Sie mit Ihrem neuen Weggefährten viel Freude haben werden. Sollte Ihnen etwas auf dem Herzen liegen, bitte scheuen Sie sich nicht uns anzusprechen, auch uns liegt sehr viel daran, dass Sie mit Ihrem Hund glücklich sind und er mit Ihnen!